Biographie
10. Januar: Rudolf Heinrich Zille wird als Sohn des Uhrmachers und Feinschlossers Johann Traugott Zill (ab 1854: Zille, später auch wieder Zill) und dessen Frau Ernestine Louise (geb. Heinitz) in Radeburg bei Dresden geboren.
1862
Umzug der Familie nach Dresden. Der Vater kommt in Schuldhaft im Dresdner Gerichtsgebäude, die Mutter verdient als Putzmacherin in Heimarbeit mit Hilfe von Heinrich und seiner Schwester Fanny kaum das Nötigste.
Umzug der Familie zum Großvater Heinitz in das Bergarbeiterdorf Potschappel, wo Heinrich Zille von 1865 bis 1867 die Dorfschule besucht.
1867
Im November zieht die Familie nach Berlin und versucht sich zunächst mit Heimarbeit durchzubringen, bis der Vater 1869 Arbeit als Mechaniker bei der Firma Siemens & Halske findet.
1872
Die Familie kauft mit Hilfe einer Erbschaft für ca. 500 Thaler ein Grundstück am Grenzweg im Lichtenberger Kiez und baut im Jahr darauf ein bescheidenes Haus.
Zille beendet seine Schulzeit und beginnt auf Anraten seines Zeichenlehrers Spanner in Berlin eine Ausbildung als Lithograph bei der Firma Fritz Hecht. Als Geselle wechselt er mehrfach die Werkstätten. Er studiert als Abendschüler an der „Königlichen Kunstschule“ bei Carl Domschke und Theodor Hosemann.
1877
1. Oktober: Zille wird als Reproduktionstechniker bei der „Photographischen Gesellschaft“ in Berlin angestellt.
1880–1882
Militärdienst in Frankfurt/Oder und Sonnenburg. Aus dieser Zeit ist ein Skizzenbuch mit 96 Zeichnungen erhalten. (Kunstmuseum Mülheim an der Ruhr, Sammlung Themel)
1883
15. Dezember: Heirat mit Hulda Frieske, der Tochter eines Lehrers aus Fürstenwalde. Die junge Familie nimmt zunächst eine Wohnung auf dem Rummelsburger Kiez, Grenzweg. Aus der Ehe gehen drei Kinder hervor: 1884 Margarete Zille, 1888 Hans Zille und 1891 Walter Zille. Die größer werdende Familie zieht zweimal, 1887 und 1890, in Lichtenberg um.
1892
Nachdem die „Photographische Gesellschaft“ ihre Werkstätten nach Charlottenburg verlegt hat, zieht Heinrich Zille mit seiner Familie ebenfalls nach Charlottenburg in das Mietshaus Sophie-Charlotte-Straße 88, 4. Stock, wo er den Rest seines Lebens wohnt.
Zilles Tätigkeit bringt ihn in freundschaftlichen Kontakt mit vielen Künstlern, die ihre Grafiken in der „Photographischen Gesellschaft“ drucken lassen, insbesondere auch mit den Mitgliedern der Berliner Secession, an deren Kegelabenden er teilnimmt.
1899
Zille steht dem befreundeten Bildhauer August Kraus Modell für die (heute verschollene) Steinplastik des Ritters Wedigo von Plotho für die Sieges-Allee im Tiergarten.
1901
Arbeiten von Zille werden bei der „IV. Kunstausstellung der Berliner Secession – Zeichnende Künste“ im Ausstellungsgebäude in der Kantstraße 12 gezeigt.
1903
Aufnahme in die „Berliner Secession“ mit zwei Gegenstimmen. Zeichnungen von Zille werden erstmals im *Simplicissimus* veröffentlicht.
1904
Mitarbeit an der in Wien erscheinenden Zeitschrift „Der liebe Augustin“, Redaktion Gustav Meyrink
1905
Beginn der Arbeit für die Zeitschriften „Jugend“ und „Lustige Blätter“. Er unternimmt fortan Reisen und Wanderungen mit Künstlerfreunden
1907
Nach 30-jähriger Anstellung wird Zille von der „Photographischen Gesellschaft“ entlassen und lebt nun als freischaffender Künstler.
1908
Veröffentlichung des Buches „Kinder der Straße“ sowie des Künstlerheftes „Berliner Rangen“ im Verlag der Lustigen Blätter.
1909
Die Mappe „Zwölf Künstler-Drucke“ erscheint im Verlag M. Lilienthal.
1910
Zille gewinnt auf Betreiben Max Liebermanns den Menzelpreis des Ullstein-Verlages gemeinsam mit Fritz Koch-Gotha.
1913
Er wird Vorstandsmitglied der „Freien Secession“, nachdem sich diese von der „Berliner Secession“ abgespalten hat.
1914
Im Verlag der Lustigen Blätter erscheint „Mein Milljöh. Neue Bilder aus dem Berliner Leben“. Für den „Ulk“, die Beilage des „Berliner Tageblatts“, entsteht die „Korl und Vadding“-Serie, deren 200 Zeichnungen in vier Folgen bis Juli 1918 erscheinen.
1916
Die Lithographie „Das Eiserne Kreuz“ wird in „Der Bildermann“ veröffentlicht.
1916–1919
Die Sammlung kritischer Zeichnungen „Kriegsmarmelade“ entsteht.
1919
9. Juni: Hulda Zille stirbt.
Der Bildband „Zwanglose Geschichten“ erscheint im Gurlitt-Verlag und wird wegen zu großer Freimütigkeiten beschlagnahmt, der Verleger wird zu einer Geldstrafe verurteilt und mehrere der Blätter dürfen nicht mehr verkauft werden.
1920
Zille gibt im Selbstverlag „Die Landpartie. Aus meiner Jugendzeit“ heraus.
Mitarbeit an dem chauvinistischen Witzblatt „Pieron“, Chefredakteur Kurt Tucholsky
1921
Der lithographische Zyklus „Hurengespräche“, der unter dem Titel „Hetärengespräche“ bereits 1919 angekündigt war, erscheint im Verlag von Fritz Gurlitt. Wegen der freizügigen Darstellungen löscht Zille die Signaturen auf den Steinen. Das Buch wird unter Pseudonym, mit der falschen Jahreszahl 1913 und ohne Verlagsangabe veröffentlicht.
1922
Bekanntschaft mit Otto Nagel
1924
Aufnahme in die Preußische Akademie der Künste auf Vorschlag von Max Liebermann, zugleich Verleihung des Professorentitels.
Es erscheint das Buch „Berliner Geschichten und Bilder“ von Heinrich Zille mit einer Einleitung von Max Liebermann und der Band „Die Zeichner des Volkes: Käthe Kollwitz, Heinrich Zille“ von Adolf Heilborn.
1925
Der Film „Die Verrufenen. Der fünfte Stand“, Regie Gerhard Lamprecht, hat in Berlin mit großem Erfolg Premiere.
21. März: Erster „Hofball bei Zille“ im Großen Schauspielhaus mit dem Einakter „Mein Milljöh“ von Hans Brennert und Hans May und anschließendem Wohltätigkeitsball in Zille-Kostümen. Der fünfte und letzte Zille-Ball findet am 19. Januar 1929 im Sportpalast statt.
Der „Simplicissimus“ druckt die Lithographie „Modellpause“. Trotz der Gutachten von Liebermann, Slevogt, Stuck, Lederer und Kubin wird Zille wegen Pornografie zu einer Geldstrafe verurteilt, die Druckplatten müssen zerstört werden.
1926
„Die da unten“, Regie Victor Jansen, kommt als „Zille-Großfilm“ angekündigt heraus, ohne von Zille autorisiert zu sein.
1927
Carl Boese bringt den „Zille-Film“ „Schwere Jungen – leichte Mädchen“ heraus. 1929 folgt der Film „Großstadtkinder“.
1928
Zilles Popularität findet ihren Höhepunkt in großen Feierlichkeiten zu seinem 70. Geburtstag. Das Märkische Museum zeigt die Retrospektive „Zilles Werdegang“.
Durch Otto Nagel veranlasst, gibt er dem Wochenblatt „Lachen links“ Zeichnungen zum Abdruck. Sein Name erscheint als der eines Mitbegründers der satirischen Zeitschrift „Eulenspiegel“.
1929
9. August: Heinrich Zille stirbt in Berlin-Charlottenburg und erhält ein Ehrenbegräbnis in Stahnsdorf. Mehr als 2000 Trauernde, darunter Käthe Kollwitz und Erich Mühsam, nehmen an der Beisetzung teil. Reden hielten unter anderem der Oberbürgermeister Gustav Böß und Zilles Freund, der Bildhauer August Kraus.
Der Film „Mutter Krausens Fahrt ins Glück“, im Vorspann „Dem großen Menschen und Künstler Heinrich Zille gewidmet“, wird unter dem Protektorat von Otto Nagel, Käthe Kollwitz und Hans Baluschek nach seinem Tode fertiggestellt.